Sonntag, 22. November 2015

Erzbischof Scheptyzkyjs Widerstand gegen die Nazis

der ehrwürdige Andrej Scheptyzkyj O.S.B.M., griechisch-katholischer Erzbischof von Lemberg

Die blutige Sowjetbesatzung in der Ukraine wurde im Frühsommer 1941 durch das schnelle Vorrücken der Wehrmacht im Osten verdrängt. Die Bevölkerung betrachtete die Deutschen zunächst als Befreier. Nach der Vertreibung der Sowjets riefen die Ukrainer einen selbstständigen ukrainischen Staat aus. Doch bald wurde der Bevölkerung klar, dass die antichristlichen Bolschewiken nur durch die nächsten Besatzer ersetzt wurden. „Das Regime Hitlers war, gleichermaßen wie das bolschewistische, feindlich zur Religion, zum ukrainischen Volk und seiner Kirche eingestellt“, so Dr. Gregor Prokoptschuk. Dies zeigt sich dadurch, dass Himmler das Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Erzbischof Andrej Scheptyzkyj, nach seinem ersten Hirtenbrief unter Naziherrschaft (wohl „Du sollst nicht töten!“) verhaften lassen wollte. Aufgrund der gesellschaftlichen Stellung des Erzbischofs als wichtigster Vertreter des ukrainischen Volkes ließen die Nazis aber schließlich davon ab.

Erzbischof Andrej sprach sich auch entschieden bei Himmler gegen die Verfolgung der Juden aus. Nach den Morden an den Juden von Rohatyn schickte der Erzbischof eine Protestnote an den Reichsführer SS. Der Rabbiner Dr. Herzog sagte: „Diese Tat erregte seinerzeit großes Aufsehen, denn sie war ein Akt überlegenen Mutes. Hat doch damals in Europa niemand es gewagt, gegen die grausamst wütende Gestapo öffentlich für die Juden einzutreten.“ 


Der Erzbischof schrieb eine weitere Protestnote, nachdem er erfahren hatte, dass die Gestapo Angehörige der ukrainischen Miliz zur Teilnahme an den Massakern gezwungen hatte. Das Ergebnis war, dass die Gestapo auf weitere Zwangsrekrutierungen von Milizionären verzichtete. Metropolit Scheptyzkyj war auch dafür bekannt, zahlreichen Juden, darunter auch vielen Kindern, Unterschlupf in katholischen Klöstern zu gewähren.

Durch den am 17. Juli 2015 vom Papst erklärten heroischen Tugendgrad ist der Seligsprechungsprozess nun weiter vorangeschritten. Erzbischof Andrej Scheptyzkyjs Titel ist jetzt „ehrwürdiger Diener Gottes“. Er ist auch mitverantwortlich für die Gründung des ukrainischen Zweigs der Redemptoristen (byzantinischer Ritus), der mehrere Märtyrer unter der Sowjetherrschaft hervorgebracht hat.

Montag, 16. November 2015

Interview mit Ryan Grant von Athanasius Contra Mundum

Priester im KZ Dachau
Anfang Oktober hat mich Ryan Grant vom bekannten amerikanischen Blog Athanasius contra Mundum eingeladen, in seiner Podcast-Serie Audio Sapere über die Verfolgung der Kirche im Dritten Reich zu sprechen. Die Tonqualität ist anfangs auf meiner Seite nicht so gut, wird aber später besser. Das Interview ist sicherlich auch für alle Leser interessant, die dieses Blog regelmäßig lesen. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle an Ryan, der seine kostbare Zeit zur Verfügung gestellt hat.


Interview 024 – Constantine Molitor on the Persecution of the Church in Germany under the Third Reich (der Name ist ein Pseudonym)



Freitag, 6. November 2015

Der erste deutsche Priester im KZ Dachau



Am 11. Juni 1940 kam Pfarrer Fritz Seitz von Schallodenbach (Rheinland-Pfalz) als erster reichsdeutscher Priester ins KZ Dachau. Reinhard Heydrich hatte persönlich seinen Schutzhaftbefehl unterschrieben. Mehr zu seiner Geschichte hier.

Dienstag, 11. August 2015

Klosterraub

Erzabtei Sankt Ottilien (Rufus46)

Ähnlich wie in vielen anderen Kirchenverfolgungen (Heinrich VIII. in England, Kulturkampf, Spanischer Bürgerkrieg etc.) vergriffen sich auch die Nazis an den Klöstern. Es wurden wohl im gesamten Reich (einschl. eroberte Westgebiete und Österreich) über 100 Klöster konfisziert, darunter so berühmte Einrichtungen wie der Stift Heiligenkreuz, die Erzabtei Sankt Ottilien, das Oblatenkloster in Hünfeld (O.M.I.) und der Stift Klosterneuburg.

Nachfolgend die Schilderung einiger Einzelvorgänge:

Das Dominikanerkloster Retz (Erzbistum Wien) wurde am 12.09.1940 von einer fünfköpfigen Kommission unter Führung des Kreisleiters Schuster besichtigt, da man „die freien Räumlichkeiten“ sehen wollte. Nach der Besichtigung des gesamten Klosters verabschiedeten die Männer sich wieder, ohne einen Grund angegeben zu haben. Tags darauf wurde den Dominikanern durch die Gendarmarie mitgeteilt, das Kloster sei bis 18 Uhr zu räumen. Die Insassen sollten sehen, wo sie unterkommen könnten. Unter ihnen waren ein 82-jähriger und ein Mönch mit fortschreitender Tuberkulose. Das Haus wurde darauf umfangreichen Umbaumaßnahmen unterzogen.

Noch viel schlimmer kam es in anderen Klöstern, wo man sich direkt an heiligen Gefäßen, Messstipendien und anderem Kirchenvermögen „bediente“, so z. B. bei der Beschlagnahmung der Missionsklöster Sankt Ottilien, Schweiklberg und Münsterschwarzach. Hier wurde das gesamte Vermögen des Missionsvereins „Liebeswerk des hl. Benedikt“ eingezogen. Im Franziskanerkloster von Hall in Tirol sowie im Kapuzinerkloster von Innsbruck wurden Messstipendiengelder geraubt.

Als der Benediktinerstift St. Gallus in Bregenz (in Schweizer Besitz) am 2. Januar 1941 beschlagnahmt wurde, zog man das gesamte Kirchengerät, Paramente, geweihte Gefäße, Kelche sowie Monstranzen ein. Ein mit konsekrierten Hostien gefülltes Ziborium musste in eine andere Kirche getragen, dort entleert und anschließend an die sakrilegische Staatsmacht übergeben werden. Ein Grund für die Beschlagnahmung des Klosters wurde nicht gegeben.

Neben der bei Jesuitenklöstern sehr häufigen Begründung „Staatsfeindlichkeit“ (was auch immer darunter zu verstehen ist) gab es auch skurrilere Angaben als Grund für Klosterbeschlagnahmungen, wie etwa „Wir brauchen ein Altersheim“ für das Redemptoristenkloster Aachen, „Haus steht im Wege“ beim Kapuzinerkloster in Bludenz, oder aber „Schlachtverfehlung“ bzw. „Lebensmittelverfehlung“ bei verschiedenen anderen Klöstern. Bei der Erzabtei Sankt Ottilien war anscheinend das „Liebeswerk des hl. Benedikt“, ein Missionsverein, der 50 Jahre lang als eingetragener Verein bestanden hatte, einer der Konfiszierungsgründe: „Das Kloster hat große Summen dem Nationalvermögen entzogen und für eigene Zwecke verwendet, was bei der Konzentration aller Kräfte der Nation heute nicht mehr geduldet werden kann.“

Besonders auch die „angeschlossenen“ westlichen Reichsgebiete Luxemburg und Elsass erlebten einen wahren Klostersturm. So schreibt Bischof Bornewasser von Trier in einer eine Protestnote an das Reichsinnenministerium vom 20. Mai 1941: „In Luxemburg wurde sämtliche Priesterorden aufgehoben und des Landes verwiesen. (…) Von den weiblichen Ordensgenossenschaften wurden alle Klöster, die das beschauliche Leben pflegen, aufgehoben.“

Die Ausweisung der Luxemburger Schwestern, die in die benachbarte Diözese Trier verbracht wurden, erregte unter den dortigen Katholiken großes Aufsehen: die Frage „Was geht in Luxemburg vor?“ kursierte unter den Leuten.

Anscheinend sollte solches Aufsehen in Zukunft vermieden werden, da die Klosteraufhebungen im Elsass im Jahre 1943 detaillierter geplant wurden. So hieß es in einem Schreiben des „Stillhaltekommissars für das Organisationswesen im Elsass“ mit dem Betreff „Aktion des Stillhaltekommissars gegen Klöster und Kongregationen im Elsass“: „Sonntag, den 11. Juli, werden 23 Klöster im Elsass (beschauliche Orden) vom SD besetzt. der SD sorgt dafür, dass die Insassen der Klöster die Bevölkerung nicht aufwiegeln können und dass am Montag gleich nach Sonnenaufgang per Omnibus die in Frage kommenden Ordensleute an weit entfernte Bahnhöfe mit Schnellzugsverbindungen verbracht werden.“ Auch sollten bereits „in Klosteraktionen bewanderte“ Gaurevisoren an der Aktion teilnehmen da die Aktion „gegen die Klöster sonst eine blamable Angelegenheit werden muss“. Diese Revisoren hatten die Aufgabe, die Bargeld-, Wertpapier- und Viehbestände zu erfassen und erstere unter „behördlichen Verschluss“ zu bringen. Als Grund für die Erfassung wird angegeben, dass die Ordensleute in Lothringen und Luxemburg im Rahmen der Auflösung Vieh, landwirtschaftliches Gerät und Vorräte an die Bevölkerung verschenkt hatten. Als treibende Kraft hinter der Klosteraufhebung wird Martin Bormann genannt, durch den der Befehl zur Auflösung „zur vordringlichen Durchführung gegeben worden“ war.

Doch sollte dieser „streng geheime Plan“ durch einen Informanten vereitelt werden, der ihn bei den kirchlichen Behörden zur Anzeige brachte. Der Erzbischof von Freiburg schickte darauf an ein Dutzend Reichsorgane Telegramme, in denen er mitteilte, dass er genaue Kenntnis über die geplanten Auflösungen hatte. Noch Wochen wurde Spitzel durch das Elsass und Baden geschickt, um die für den Verrat verantwortlichen Personen zu fassen.


(Quelle: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 148–159)

Montag, 10. August 2015

Die antichristliche SS

Aus dem SS-Plan zur „Erschließung des germanischen Erbes“ (1937):

„Wir leben im Zeitalter der endgültigen Auseinandersetzung mit dem Christentum. Es liegt in der Sendung der Schutzstaffel, dem deutschen Volk im nächsten halben Jahrhundert die außerchristlichen Grundlagen für Lebensführung und Lebensgestaltung zu geben.“

(Quelle: Walter Adolph: Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers, Morus-Verlag, Berlin)

Mittwoch, 29. Juli 2015

Wieso haben Papst und Bischöfe nicht mehr gemacht? – Pius XII. und Erzbischof Sapieha von Krakau

Papst Pius XII.

Immer wieder hört man den Einwand, Papst und Bischöfe hätten zu wenig gegen den Nationalsozialismus Stellung bezogen. Inwiefern dieser Vorwurf zutrifft, ist wohl kaum befriedigend zu beurteilen. Rückblickend ist es sicher immer leichter, Verfehlungen von anderen zu erkennen und in diesem Fall zu langes Zögern oder zu wenig festes Auftreten von bestimmten Mitgliedern der Hierarchie festzustellen.

Papst Pius XII. gab in einem Schreiben an den Berliner Bischof Konrad von Preysing vom 30. April 1943 den Grund für seine Zurückhaltung mit Äußerungen über den Nationalsozialismus an:

„Den an Ort und Stelle tätigen Oberhirten überlassen Wir es abzuwägen, ob und bis zu welchem Grade die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen und Druckmitteln im Falle bischöflicher Kundgebungen sowie andere vielleicht durch die Länge und Psychologie des Krieges verursachten Umstände es ratsam erscheinen lassen, trotz der angeführten Beweggründe, ad maiora mala vitanda [um größere Übel zu verhüten] Zurückhaltung zu üben. Hier liegt einer der Gründe, warum Wir selber Uns in Unseren Kundgebungen Beschränkungen auferlegen; die Erfahrung, die Wir im Jahre 1942 mit päpstlichen, von Uns aus für die Weitergabe an die Gläubigen freigestellten Schriftstücke gemacht, rechtfertig, soweit Wir sehen, Unsere Haltung.“

Dabei war der Papst zuvor sicher nicht untätig. Er ließ im Frühjahr 1942 ein geheimes Rundschreiben in polnischer Sprache mit dem Titel „Weltanschauliche Auseinandersetzung und Widerlegung des Nationalsozialismus“ durch Priester zum Erzbischof von Krakau, dem späteren Kardinal Adam Sapieha, schmuggeln. Einer der „Schmuggler“, Pfarrer Joseph Kaul von Marquartstein, berichtete: 

„Der Kardinal nahm ein Blatt zur Hand und fing an, es zu lesen. Plötzlich schlug er die Hände über dem Kopf zusammen, ließ das Blatt fallen und rief aus: ‚Um Gottes willen! Dieses Rundschreiben Sr. Heiligkeit kann ich unmöglich meinem Klerus übergeben, noch weniger meinem polnischen Volk bekanntgeben. Ein Exemplar in den Händen des SD [Sicherheitsdienst] und unsere Köpfe rollen, und die katholische Kirche in Polen ist verloren. Weiß der Heilige Vater nicht, wie es um uns steht? Diese Rundschreiben müssen sofort verbrannt werden.‘ Und sogleich warf er das ganze Paket ins Feuer.“
Adam Kardinal Sapieha, Erzbischof von Krakau

Zu dem Vorfall berichtet Msgr. Quirino Paganuzzi, der ebenfalls an dieser Aktion beteiligt war: „Ich erinnere mich noch an den Ausdruck des Schreckens bei Exzellenz Sapieha, der doch alles andere als furchtsam war.“ Weiter berichtet er die Worte des Erzbischofs über das selbst auferlegte Schweigen: „Die Lage ist die gleiche für alle Polen [wie für die verfolgten Juden]. Sie meinen, sie seien von Rom vernachlässigt und verlassen, während es Tatsache ist, dass wir Bischöfe die Botschaften und die Aufmunterungen des Papstes nicht öffentlich bekanntgeben können, um unsere Bevölkerung nicht größeren Vergeltungsmaßnahmen und noch schwereren Ketten seitens der deutschen Truppen und der deutschen politischen Polizei auszusetzen.“


(Quelle: Adolph, Walter: Kardinal Preysing und zwei Diktaturen. Sein Widerstand gegen die totalitäre Macht, Morus-Verlag, Berlin, 1971, S. 189)

Dienstag, 21. Juli 2015

Martin Bormanns „Geheimerlass“

Bundesarchiv, Bild 183-R14128A / CC-BY-SA
Am 6./7. Juni 1941 wurde ein Geheimerlass der Parteikanzlei von Reichsleiter Martin Bormann (Hauptperson hinter dem Krieg gegen die Kirche im Warthegau) an alle Gauleiter herausgegeben, in dem die Unvereinbarkeit der nationalsozialistischen und der christlichen Weltanschauung hervorgehoben wird. Er dient als Antwort auf das Bestreben der sog. „Deutschen Christen“, eine Evangelische Reichskirche zu gründen.

Dieses Schriftstück, wenn auch von Lächerlichkeiten nur so strotzend, dient als wichtiges Dokument der antichristlichen Einstellung des NS-Regimes. Obwohl gegen das Christentum als Ganzes gewendet, sind die Seitenhiebe auf Papst und katholische Kirche häufiger. Msgr. Walter Adolph drückte sich so über dieses Schreiben aus: 



Was enthält an Gedankengut der Geheimerlass Bormanns? Verächtliche Worte über die christliche Religion, die aus jedem kommunistischem, antireligiösen Lehrbuch abgeschrieben sein könnten. Eine Ausdeutung der Kirchengeschichte des Mittelalters, welche die Spuren des Rosenbergschschen Geistes verrät. Hinzu kommen frivole Hiebe auf die göttliche Vorsehung, die jedem primitiven Freidenker Ehre machen. Es fehlen nicht einige pantheistische Hinweise auf Natur und Leben. Alles in allem eine grauenerregende Unkenntnis in Theologie und Geschichte. Und dieser Erlass kommt aus der Feder des Mannes, der nach Hitler die erste Stelle im ‚Großdeutschen Reich‘ einnahm.“ 

Dass Bormann nicht irgendwer, sondern die wichtigste Vertrauensperson Hitlers in den späteren Kriegsjahren war, sagte auch Hermann Göring bei den Nürnberger Prozessen aus: „Den entscheidenden Einfluss während des Krieges auf die Person des Führers, und zwar gerade vom Jahre ungefähr 1942 ab, nachdem Heß 1941 ausgeschieden war […], hatte Herr Bormann.

Schauen wir uns nun die wichtigsten Stellen des „Geheimerlasses“ an.

Zur Beziehung zwischen Nationalsozialismus und Christentum:

Nationalsozialistische und christliche Auffassungen sind unvereinbar. Die christlichen Kirchen bauen auf der Unwissenheit der Menschen auf und sind bemüht, die Unwissenheit möglichst weiter Teile der Bevölkerung zu erhalten, denn nur so können die christlichen Kirchen ihre Macht bewahren. Demgegenüber beruht der Nationalsozialismus auf wissenschaftlichen Fundamenten.“ (Eine ähnlich geistreiche Aussage – ohne den ersten und den letzten Satz – musste ich leider auch schon von einem Hochschulprofessor hören).

Vom Gottesbild der Nazis:

Wenn wir Nationalsozialisten von einer Gottgläubigkeit sprechen, dann verstehen wir unter Gott nicht, wie die naiven Christen und ihre geistlichen Nutznießer, ein menschenähnliches Wesen, das irgendwo in der Sphäre herumsitzt. […] Die naturgesetzliche Kraft, mit der sich alle diese unzähligen Planeten im Weltall bewegen, nennen wir Allmacht oder Gott.“ 
(Dies war wohl, was Msgr. Adolph als „pantheistische Hinweise auf Natur und Leben“ und „grauenerregende Unkenntnis in Theologie“ bezeichnete.)

Von der Beziehung des NS-Staates zur Kirche:


Alle Einflüsse, die durch den Führer mit Hilfe der NSDAP ausgeübte Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen könnten, müssen ausgeschaltet werden. Immer mehr muss das Volk den Kirchen und ihren Organen, den Pfarrern, entwunden werden.

Dass damit die Stellung des NS-Regimes zur Kirche mehr als deutlich zur Schau tritt, und dass sich diese Stellung während der gesamten Zeit des Dritten Reichs auch in der Tat zum Ausdruck kam, wird man nur leugnen können, wenn man gegen alle Fakten an einer Kollaboration der Kirche mit dem NS-Regime festhalten möchte.


(Quelle: Adolph, Walter: Im Schatten des Galgens, Morus-Verlag, Berlin, 1953, S. 14–18)

Sonntag, 19. Juli 2015

Förderung des Kirchenaustritts


Der anonyme Author des Buches The Persecution of th Catholic Church in the Third Reich bemerkte, dass „die Geschichte der Kirchenaustrittskampagne eine der unangenehmsten der gesamten Kirchenverfolgung [ist], da sich der Nationalsozialismus vor allem hier bemühte, nie mit offenem Visier zu kämpfen“ (eigene Übersetzung). Die Parteispitze der NSDAP enthielt sich direkter Äußerungen in diese Richtung, die niederen Beamten und normale Parteimitglieder waren in dieser Hinsicht jedoch umso rühriger. (Bemerkung: die Austrittsbewegung erfasste sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche).

Im Deutschen Reich bestand ein Gesetz (aus Weimarer Zeiten?), dass Kinder unter 12 Jahren ohne deren Zustimmung von den Eltern von der Kirchenmitgliedschaft „abgemeldet“ werden konnten. In Österreich gab es ein solches Gesetz vor dem Anschluss nicht, es wurde dann aber auch im Frühling 1939 auf die „Ostmark“ ausgeweitet.

Besonders mussten die Nazis die in Sachen Kirchenaustritt noch bestehende Hemmung bei der Bevölkerung abbauen. Dazu musste ein „Feigenblatt“ eingeführt werden, um den Glaubensabfall zu bedecken. Es wurde neben den anerkannten Bekenntnissen auch die offizielle Bezeichnung „gottgläubig“ eingeführt, wobei die kirchlichen Behörden korrekt feststellten, dass diejenigen, „die in den Standesregistern als ‚gottgläubig‘ geführt werden, Personen sind, die den Dreifaltigen Gott, den Erlöser Jesus Christus und das wahre Christentum leugnen“. Es wäre darum eine Glaubensverleugnung, sich als Katholik vor dem Staat als „gottgläubig“ zu bezeichnen.

Eine weitere Barriere, die von den Nazis abgebrochen wurde, war die öffentliche Verkündigung der Namen von Personen, die aus der Kirche austraten. Es wurde sogar schon als strafwürdiges Vergehen betrachtet, wenn ein Geistlicher lediglich eine private Mitteilung an die Angehörigen der ausgetretenen Person machte. Der St. Gabriel-Bote [?] ( „Messenger of St. Gabriel“ im Original) aus München wurde verwarnt, da er 1937 über dieses Thema schrieb und die Ausdrücke „Abfall“ und „Loyalitätsbruch gegenüber Christus“ („lapse“ und „disloyality to Christ“ im Original) verwendete, die als „Beleidigung“ für die Abgefallenen betrachtet wurden.

Zu den Mitteln, die die Nazis verwendeten, um den Austritt zu fördern, gehörten die folgenden Maßnahmen:

1. Öffentliche Verkündigung des Kirchenaustritts von führenden Parteimitgliedern (es scheint paradox, weil die Nazis dies ja dem Klerus verboten hatten): zu den bekanntesten gehören u. a. der damalige Botschafter in London, von Ribbentrop, Reichsleiter Martin Bormann sowie die Gauleiter Mutschmann (Sachsen), Röver (Oldenburg) und Robert Wagner (Baden). Besonders auffällig waren die Austritte im Jahr 1936 und im Frühling 1937.

2. Versprechungen, Ermunterungen und Drohungen: Am 7. Juni 1935 gingen im Reichsbahnaussbesserungswerk Freimann zwei Partei- und Arbeitsfront-Funktionäre mit der Parole herum „Wer nicht austritt, ist kein richtiger Nationalsozialist“. Die Austrittswilligen wurden dann unentgeltlich mit dem Betriebswagen zum Standesamt gefahren. In einem anderen Fall wurde einem arbeitslosen Künstler von einem Gewerkschaftsführer angeboten, er könne sofort anfangen, zu arbeiten, wenn er aus der katholischen Kirche austritt. Beim SS-Reserve-Sturm 2/25 wurde nachgefragt, ob und wann die Zugführer und Unterführer aus der Kirche ausgetreten sind bzw. bis wann eventuell damit zu rechnen sei.

3. Die allgemeine antikirchliche Propaganda im Dritten Reich.

Alles in allem war die Austrittswelle trotz der starken Bemühungen (SA- und SS-Leute klagten immer wieder in ihren Pfarreien, dass sie dem sehr starken indirekten Druck nicht mehr standhalten könnten) recht gering. So waren für die erste Hälfte 1938 für die gesamte Erzdiözese Köln 8.495 Austritte zu verzeichnen. Eine stärkere Austrittsbewegung war in Österreich losgetreten worden, wo in Wien in den sechs Wochen nach dem Anschluss 46.000 Personen aus der Kirche austraten, während in Graz, der „Stadt der Volkserhebung“ im Jahr 1938 16.000 von 153.000 Einwohnern die katholische Kirche verließen. In Wien war wohl die antikirchliche Propaganda unter Staatsangestellten wie Lehrern, Polizei und Beamten sehr groß, wodurch sich die allein 2.000 ausgetretenen Polizisten erklären. In Graz war die Agitation gegen den Glauben noch deutlich stärker als in Wien. Doch auch in Österreich blieben die Zahlen hinter den Anstrengungen der Nazis zurück.


(Quellen: Anonymous [wohl Msgr. Johann Neuhäusler]: The Persecution of the Catholic Church in the Third Reich, S. 226-233; Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 284–286)

Donnerstag, 16. Juli 2015

Märtyrer für die Heiligkeit der Ehe: die seligen Pfarrer Otto Neururer und Georg Häfner

Pfarrer Otto Neururer

Dass das Eheverständnis der Nazis dem katholischen vollkommen entgegenstand, geht schon daraus hervor, dass unter dem Hitler-Regime zu unehelichen Kindern geradezu ermutigt wurde. So haben auch höchste NS-Persönlichkeiten wie Heß und Himmler in ihren Gunstbezeugungen gegenüber Müttern keinen Unterschied zwischen verheirateten und unverheirateten Frauen gemacht – es ging ja darum, „Kindern von rassisch gesundem Stamm das Leben“ zu geben (Heß). Im Schwarzen Korps vom 30. Dezember 1937 heißt es: „Wir können es uns nicht leisten, die Kinder der Frauen zu verlieren die […] Mütter werden können, aber keine Gattinnen.“

Aber auch in punkto Ehescheidung sahen es die Nazis nicht so eng – außer man war dagegen. So starb Pfarrer Otto Neururer aus Götzens (Tirol) im KZ Buchenwald, nachdem er eine junge Frau seiner Pfarrgemeinde darauf hinwies, dass eine kirchliche Ehe mit einem geschiedenen Mann nicht möglich ist. Die Frau wollte einen Freund des Tiroler Gauleiters Hofer heiraten. Der verhinderte „Bräutigam“ machte Anzeige bei Hofer, worauf Pfarrer Neururer zunächst im September 1939 ins KZ Dachau und danach ins KZ Buchenwald gebracht wurde, wo er am 30. Mai 1940 starb. Zur Strafe für im Lager erteilten Religionsunterricht wurde der Priester 34 Stunden lang an den Beinen aufgehängt, bis schließlich der Tod wegen übermäßigen Blutandrangs im Kopf eintrat. Ihm waren Lammfelle um die Beine gewickelt worden, um Druckspuren durch das Aufhängen zu vermeiden. Wegen der Wortwahl im Nachruf – „nach großem Leid“ und „sein Sterben werden wir nie vergessen“ – wurde der Provikar der Diözese Innsbruck, Dr. Karl Lambert, ebenfalls verhaftet und schließlich wegen verschiedenen anderen Anklagepunkten hingerichtet.

Ein ähnlicher Fall führte zum Tod des Pfarrers von Oberschwarzach (Diözese Würzburg), Georg Häfner, im KZ Dachau. Pfarrer Häfner hatte durch seinen Kaplan bei der Spendung der Sterbesakramente an ein NSDAP-Mitglied diesem eine Erklärung vorlegen lassen, dass der Mann seine zweite standesamtlich geschlossene „Ehe“ vor Gott und seinem Gewissen als ungültig betrachte – dies war erforderlich, um eine kirchliche Beerdigung veranlassen zu können. Pfarrer Häfner wurde darauf von einem Parteimitglied denunziert und verhaftet. Vor der Gestapo sagte der Pfarrer aus: „Für mich war maßgebend, dass sich der Tote mit der Kirche ausgesöhnt hatte und nunmehr kirchlich beerdigt werden konnte“. Nach der Einlieferung ins KZ Dachau im Dezember 1941 starb Pfarrer Georg Häfner am 20. August 1942 den Hungertod.



(Quellen: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 82–83, www.georg-haefner.de, https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Neururer)

Sonntag, 12. Juli 2015

Prozentualer Anteil der im KZ Dachau inhaftierten Kleriker


Aus folgenden Zahlen zur Inhaftierung von Klerikern im KZ Dachau wird sehr klar, wem der antichristliche Kampf der Nationalsozialisten galt:

römisch-katholisch
94,7 %
griechisch-katholisch
0,2 %
evangelisch
3,8 %
orthodox
0,8 %
altkatholisch
0,2 %
tschechische Kirche
0,1 %
mariavitisch
0,1 %
mohammedanisch
0,1 %
= katholisch 94,9 % von
100 %



 Im Protokoll einer Geheimkonferenz der Kirchenbearbeiter der Staatspolizeileitstellen vom 22. und 23. September 1941 tritt klar hervor, dass nach Ansicht der Gestapo die Gerichte wegen „noch immer herrschender politischer Instinktlosigkeit der Gerichtsbehörden“ die Prozesse gegen „hetzende Pfarrer“ durchweg einstellen würden, weshalb staatspolizeilich gegen solche Kleriker vorgegangen und ggf. „nach Entscheidung des RSHA [Reichssicherheitshauptamt] Überführung in ein Konzentrationslager“ veranlasst werden sollte. So wird auch klar, weshalb die Zahl der vor Sondergerichten oder Volksgerichtshof zum Tode verurteilten katholischen Priester mit 130 im Vergleich zu der Gesamtzahl von 4.000 Priestern, die in allen von den Nazis kontrollierten Gebieten zwischen 1939 und 1945 ermordet oder hingerichtet wurden, recht gering ist. Der größte Teil wurde von der SS direkt an Ort und Stelle oder in Konzentrationslagern ermordet. Polnische Welt- und Ordensgeistliche waren noch mit großem Abstand vor dem deutschen Klerus die Hauptleittragenden dieser Verfolgung.

(Quelle: Walter Adolph: Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers)

Montag, 22. Juni 2015

Wer den Bischof besucht, wird bestraft – Schikanen in Würzburg



Bereits sehr früh war die Diözese Würzburg und ihr Bischof, Dr. Matthias Ehrenfried, Zielscheibe der Attacken und Schikanen der Nazis (siehe auch hier). So wurden ab 1935 die Fronleichnamsprozessionen von der Gestapo an mehreren Stellen gefilmt. Es wurde auch verlautbart, dass jeder, der den Bischof besuchen wollte, auf den Treppen des Palais fotografiert würde, um später bestraft zu werden. Dem Bischof selbst wurde es verboten, bei Firmreisen das Auto zu verwenden (bei einer Fläche des Bistums von über 8.000
Quadratkilometern). Ab 1936 mussten die Hirtenbriefe des Bischofs durch Geheimkuriere den Dekanen zugestellt werden, um sie vor Beschlagnahmung zu schützen.

Insgesamt wurden 141 Priester der Diözese inhaftiert, wovon der wohl bekannteste der selige Georg Häfner ist, der am 20. August 1942 im KZ Dachau starb.



(Quelle: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 333–335)

Samstag, 20. Juni 2015

Störung von religiösen Feiern


Wie viele Kirchenfeinde haben auch die Nazis nicht davor zurückgeschreckt, die Liturgie und religiöse Feiern zu stören. Nachfolgend einige Beispiele:

Die Bahnhofsmesse im Bürgersaal in München wurde von Personen gestört, die das NS-Parteiabzeichen trugen und mit Brandstiftung und Bomben drohten. Auch in der Pfarrkirche St. Ursula in München kam es zu einem ähnlichen Vorfall. Die HJ versuchte im Jahr 1935 wiederholt die Pfarrjugendstunden in Münchner Kirchen zu stören, so in St. Gabriel, St. Pius und St. Ursula.

Im Münster zu Freiburg fand am am 11. Juni 1941 eine Andacht der katholischen Jugend statt, bei der etwa 5.000 Gläubige anwesend waren. Auch Erzbischof Gröber nahm an der Veranstaltung teil. Ein HJ-Führer zündete einen Kanonschlag, durch dessen Explosion eine Panik unter den Anwesenden entstand und die Leute zum Ausgang drängten. Nur durch das Zureden des Erzbischofs beruhigte sich die Lage wieder.

Bei der Fronleichnamsprozession 1939 in München rief ein Mann von dem Balkon eines Gasthauses dem Kardinalerzbischof, der das Allerheiligste trug, laut zu: „Landesverräter“. Als dann der Verantwortliche von einem energischen Katholiken gestellt wurde, waren zwar gleich zwei Gestapo-Männer zur Stelle, sie taten aber weiter nichts, als sich freundschaftlich mit dem „Schreier“ und seinem Begleiter zu unterhalten. Eine schriftliche Beschwerde sowie wiederholtes Nachfragen seitens der Erzdiözese bei der Gestapo blieb unbeantwortet.



(Quelle: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 304–306)

Sonntag, 14. Juni 2015

Das Vorgehen der Nazis gegen katholische Priester (Teil 2 von X)


Oft reichte für die Verurteilung von katholischen Priestern (auch zum Tode) eine harmlose oder der Wahrheit entsprechende Aussage, aus der man dann ein Schwerverbrechen gegen den Staat konstruierte. Häufig ging man dabei auch mit List vor, so zum Beispiel mit vorgeblichen Konversionswünschen oder Glaubenszweifeln, die als Vorwand dienten, um mit den Priestern ins Gespräch über heikle Themen zu kommen und sie so in eine Falle zu locken. Nachfolgend einige kurze Beispiele:


Pfarrer Bernhard Schwentner aus Neustrelitz in Mecklenburg wurde am 15. September 1944 wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und am 30. Oktober d. J. hingerichtet. Er hatte gegenüber einem Sturmführer des SS-Fliegerkorps, der einen geplanten Kirchenaustritt vorgab und in einem Gespräch behauptete, Hitler hätte eine göttliche Sendung, da er ja schon häufig vor Gefahren bewahrt wurde, gesagt: „Glauben sie ja nicht, dass das so leicht sei“ (wohl mit Anspielung auf bereits begangene Attentate). Im Prozess wurde ihm dies zum Verhängnis, da man daraus ohne weitere Beweise konstruierte, dass Pfarrer Schwentner ein Attentat gegen Hitler für schwierig aber wünschenswert hielt.

Pater Denis Chenault O.P. aus einem Pariser Dominikanerkloster sagte in einer Predigt, er hoffe, dass die Immoralität und die heidnischen Tendenzen in den Lagern der Hitlerjugend nicht auch nach Frankreich übergreifen würden. Er wurde denunziert, am 25. November 1941 verhaftet und zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt. Als ein Mitangeklagter in entlasten wollte, protestierte er und sagte: „Ich habe dies wirklich und wahrhaftig gesagt – und ich betrachte dies als mein Recht und meine Pflicht als Priester – ich werde nichts davon zurücknehmen.“ Er starb am 15. Juli 1943 in der Festung Sonnenburg des Hungertods. Ein Todesurteil war hier nicht nötig.

Pater Alois Grimm S.J. wurde von zwei Gestapospitzeln überführt, die besonders hinterlistig vorgingen. Einer der beiden besuchte ein halbes Jahr den Konvertitenunterricht und ließ auch sein Kind taufen, danach bat auch seine Frau um Unterricht. Auch brachte er einen Freund zu P. Grimm, einen „gläubigen Protestanten“, der angeblich von Sorge um die „Bekennende Kirche“ geplagt war. Nachdem die beiden P. Grimm wegen ihrer angeblichen Seelennot zu einem Treffen bewegten, lockten sie ihn mit gespielter Kritik am NS-Regime bzw. der Befürchtung der bevorstehenden Kriegsniederlage aufs Glatteis. Als er nach einer Messe in Tisis (Feldkirch, Tirol) verhaftet wurde, stand plötzlich der „gläubige Protestant“ vor ihm und höhnte: „Da ist er ja, der Sauhund – so muss man es bei euch Saukerlen machen, sonst kriegt man euch nicht.
P. Grimm wurde vom Volksgerichtshof unter Freislers Vorsitz zum Tode wegen Wehrkraftzersetzung und Defätismus verurteilt und am 11. September 1944 hingerichtet. Freisler bezeichnte in der Verhandlung die hinterlistige Methode der Gestapoleute als „national bedeutsame Tat“ und sagte direkt vor der Urteilsverkündigung: „Wenn ich Fische angeln gehe, bediene ich mich verschiedenster Geräte. (…) Und wenn es gilt, Jesuiten zu angeln, dann muss man sich ganz besonderer Methoden bedienen. Dass das Angelgerät in diesem Fall das richtige war, haben Sie bewiesen; denn Sie haben den Köder geschluckt.


(Quelle: Benedicta Maria Kempner: Priester vor Hitlers Tribunalen)

Sonntag, 8. Februar 2015

Das Vorgehen der Nazis gegen katholische Priester (Teil 1 von X)

Nach und nach sollen auf diesem Blog die katholischen Priester gewürdigt werden, die unter den Nazis verfolgt und zum Teil ermordet wurden. Ich habe in der Überschrift „Teil 1 von X“ gewählt, da dieses Thema sicher länger behandelt werden sollte. Deswegen ist dies nur ein kurzer Abriss, der in anderen Artikeln vertieft wird, besonders das Thema „KZ Dachau“.

Für die Erzdiözese München war nach dem zweiten Weltkrieg folgende Statistik der Maßregeln gegen Priester zu verzeichnen, die laut Msgr. Neuhäusler, der sie in seinem Buch „Kreuz und Hakenkreuz“ dokumentiert hat, nicht als abschließend zu betrachten sind. Zudem darf man nicht vergessen, dass in derselben Diözese das Konzentrationslager Dachau mit seinem berüchtigten Priesterblock lag, in dem in 12 Jahren 2.579 katholische Priester gefangen waren. Von den inhaftierten Religionsdienern (in der großen Mehrheit katholische Priester, daneben 141 Andersgläubige) starben 1.034.

Statistik der Maßregeln gegen Priester der Erzdiözese München:


Verwarnungen
24
Geldstrafen
4
Schulverbot
85
Ausweisung
2
Zwangsversetzungen
4
Schutzhaft
10
Untersuchungshaft
22
Konzentrationslager
9
Gerichtsverurteilungen
12
Hinrichtung
2
Gewaltsame Tötung
1


Aus der Statistik der Gesellschaft vom Göttlichem Wort (SVD, Steyler Missionare):

In Konzentrationslagern starben 25 Priester und Theologen und 1 Bruder. Davon einer erschossen, einer erhängt, 2 vergast und 2 totgetreten.

Von den 368 Priestern und 330 Laienbrüdern der deutschen Pallottinerprovinz wurden 2 Priester enthauptet, 2 Priester in Dachau ermordet, 2 weitere Priester in Dachau inhaftiert und 50–60 Mitglieder verhaftet und bis zu 2 Jahre gefangen gehalten. Regierungsrat Roth, Leiter der kirchlichen Abteilung der Gestapo Berlin, stellte den Pallottinern unfreiwillig folgendes schöne Zeugnis aus: „Wir haben in ganz Deutschland die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, die dem Geist der Pallottinerpatres erlegen sind, unfähig wurden für die nationalsozialistische Weltanschauung.“

(Quelle: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 333,335; Wikipedia: Pfarrerblock)

Sonntag, 1. Februar 2015

Schließung und Schändung von Kirchen im dritten Reich


Nicht nur Kreuze, auch katholische Kirchen wurden im Dritten Reich geschändet.  Bereits hier wurde auf die Schließung und den Missbrauch von Kirchen im Warthegau hingewiesen, Ähnliches spielte sich aber auch im katholischen Oberbayern und Tirol ab.

In der Erzdiözese München-Freising wurden folgende Kirchen und Kapellen geschändet:

Altöttinger Kapelle in München

Kapelle in Eberspoint

Klosterkirche Fürstenfeldbruck [ehemalige Zisterzienserabtei]

Heilig-Kreuz-Kirche in München-Giesing

St.-Vinzenz-Kirche in München

Pfarrkirche in Weyarn.

Obwohl der Erzbischof und der Papst protestierten, wurde die Kirche im Schloss Nymphenburg in München mit ihren zahlreichen Gräbern von Ordensfrauen in einen Bibliotheksaal für das Jagdmuseum verwandelt.

In Tegernsee wurden für die Reichstagswahl 1936 sowohl in der Kirche als auch an der Außenwand, dem Pfarrhaus und dem Zaun des Pfarrgartens Wahlplakate (natürlich nur NSDAP) aufgehängt. Der Pfarrer, seine Schwester und der Mesner wurden für kurze Zeit verhaftet, weil sie die Wahlplakate am ersten Tag entfernt hatten. Bei einem ähnlichen Fall wurde der Benefiziat von Wolfratshausen samt seiner Schwester verhaftet, da sie die Wahlplakate abgerissen hatten, die außen am 1. Stock seines Hauses angebracht waren. 



Alle Appelle des Erzbischöflichen Ordinariats in München, das sich bereits im August 1935 wegen Schädigung von Kirchengebäuden an das Reichsjustizministerium gewandt hatte, waren vergebens.

Stift Wilten, Innsbruck (Quelle: N p holmes)
In Innsbruck hatte Gauleiter Franz Hofer, der bereits vorher Kirchen geschlossen hatte, während den Fliegerangriffen 1943 nichts Besseres zu tun, als zu versuchen, sich auf perfide Weise zweier Kirchen zu entledigen. Dazu wurde die Sauerstoff-Sprenggesellschaft m.b.H. Berlin-München beauftragt, die nach Kriegsende am 2. Juli 1945 von Hofers Vorhaben an das Erzbischöfliche Ordinariat München berichtete:

Das Servitenkloster in Innsbruck wurde während den Fliegerangriffen im Dezember 1943 beschädigt. Um das Kloster weiterhin nutzen zu können, mussten einige Gebäudeteile, die an die unbeschädigte Servitenkirche angrenzten, beseitigt werden. Baurat Hauser gab dem Unternehmen den unerwarteten Auftrag, die Kirche „versehentlich“ anzusprengen, damit sie völlig beseitigt werden konnte. Anscheinend wünschte Gauleiter Hofer vor dem Gauhaus einen Aufmarschplatz, dem die Kirche im Weg stand. Alles sollte natürlich höchst geheim geschehen. Allerdings lehnte der technische Außenstellenleiter, Bauingenieur Hildl, die Verantwortung ab, da nach Dienstanweisung der Betriebsführer die Verantwortung trug, dem der Auftrag vorgelegt werden musste.

Nach einem weiteren Angriff auf die Stadt sollte die prachtvolle Prämonstratenser-Stiftskirche Wilten (der Stift war während er Kriegsjahre von den Nazis aufgehoben worden) beseitigt werden. Die Kirche sollte angebohrt und gesprengt werden. Nach den erforderlichen Bohrungen durch den Sprengmeister lehnte jedoch der Bauingenieur Hildl erneut die persönliche Verantwortung ab und verlangte, dass die Genehmigung vom Betriebsführer eingeholt würde. Die Stadt Innsbruck verlangte in einem Telegramm an die Zentrale in Berlin die Sprengung. Diese schrieb zurück, dass dies erst mit einem schriftlichen Auftrag durch die Stadt bzw. den Gauleiter erfolgen könnte. Der Auftrag wurde nicht erteilt. Laut dem Unternehmen sollte der Gauleiter aktenkundig nicht mit der Sprengung in Verbindung gebracht werden. Es sollte wieder ein „Versehen“ sein, wobei dem Unternehmen Deckung durch den Gauleiter vor Angriffen zugesagt wurde.

(Quelle: Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz, Verlag Katholische Kirche Bayerns, München, 1946, S. 295—297)

Sonntag, 25. Januar 2015

Systematische Kreuzschändung im dritten Reich

Ave Crux spes unica
Es ist schwer vorstellbar, dass die nachfolgenden Taten im gesamten Deutschen Reich reiner Zufall sind. Der Leser möge selbst urteilen. Der Verfasser von The Persecution of the Catholic Church in the Third Reich nahm sie in einem eigenen Anhang in sein Buch auf. Hier einige der Vorfälle:

Erzdiözese München:

Am 21. Oktober 1937 wurden in Erding vier Stationen des im Freien stehenden Kreuzwegs geschändet.

In Glonn bei Grafing wurde in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 1937 ein 130 Jahre altes Wegkreuz niedergerissen. Anschließend wurde ein Pflug darauf abgestellt.

In Lustheim (Oberschleißheim) wurde am 24. Juli 1937 die Figur eines vier Meter hohes Kruzifixes, das gegenüber der Kirche stand, niedergerissen und zerschmettert. Die Bruchstücke wurden in den Schlossgraben geworfen.

Ähnliche Vorfälle gab es in Hohenkammer und in Teisendorf. Die Diözesanleitung schrieb für derartige Fälle eine Sühnefeier, bei der gepredigt und der Kreuzweg gebetet werden sollte. Ebenfalls sollten alle Kreuze in der Kirche und wenn möglich auch die Wegkreuze der Pfarrei geschmückt werden.

Diözese Rottenburg:

In einem Hirtenschreiben von 1936 nannte Bischof Joannes Baptista Sproll mehrere Kreuzschändungen, die in derselben Nacht vom 8. Mai in seiner Diözese stattfanden:

Drei Wegkreuze zwischen Hohenmühringen und Nordstetten wurden umgeworfen, zerschmettert und die Reste auf der Straße verteilt.

Eine knapp zwei Meter hohe Statue zwischen Bühl und Kiebingen wurde niedergerissen und zerstört, in Hemmendorf versuchte man, die Statue des hl. Johannes Nepomuk am Ortseingang mit einem Seil niederzureißen, die Täter wurden aber wohl entdeckt und machten sich mit einem bereitstehenden Fluchtwagen aus dem Staub.

Am 9. Mai wurde oberhalb von Deggingen ein schweres Kreuz aus Eisenbeton, dessen Betonfundament fast einen Meter in den felsigen Grund reichte, niedergerissen und zerstört. Es war von einem Soldaten nach dem Ersten Weltkrieg zur Erfüllung eines Gelübdes errichtet worden. Der Bischof erwähnte in seinem Hirtenschreiben, dass es in einer Publikation hieß, dass der „nordische Mann“ nicht länger die Bilder des gekreuzigten Heilands an jedem Feld und an jeder Kreuzung tolerieren könne.

Diözese Augsburg:

Ein reichverziertes Gitter einer Kapelle in Oberstdorf, das ein großes Bild des Gekreuzigten enthielt, wurde um Himmelfahrt 1939 herausgerissen. Das vollkommen verbogene Gitter mitsamt dem zerstörten Bild wurde von einem Bauern auf seinem Misthaufen gefunden. Ein feierliches Sühnetriduum zog Ströme von Gläubigen an. Es endete mit einer Prozession zum Tatort des Sakrilegs.

Saargebiet:

Das Heiligtum Maria Waldrast, dass von jungen katholischen Männern in Form einer Lourdes-Grotte errichtet wurde, wurde nachts entweiht und zerstört. Die Täter entfernten das schmiedeeiserne Kreuz am Eingang der Grotte, zertrümmerten die Statuen der allerseligsten Jungfrau und der heiligen Bernadette und warfen sie in den Teich. Dasselbe geschah mit der Statue des heiligen Antonius, deren Kopf aber zunächst abgehauen wurde. An allen Kreuzwegstationen wurden die Kreuze abgeschlagen, genau wie an den Sammelbüchsen. Man unternahm anscheinend den Versuch, auch das etwa zehn Meter hohe Kalvarienkreuz niederzureißen. In der Nähe wurde eine Kapelle geschändet, in Warnsdorf wurde ein großes Missionskreuz zerstört.

Erzdiözese Freiburg:

Am 19. April 1936, einen Tag vor Hitlers Geburtstag, wurde ein schweres Steinkreuz in der Pfarrei Zimmern niedergerissen. Es kam auch in den Schulen zu Kreuzschändungen durch Schüler, so wurde im Jahr 1936 in Neckerhausen ein Klassenzimmer-Kruzifix mit faulen Äpfeln beworfen und im Februar 1937 in der weiterführenden Schule von Ofen ein künstlerisch hochwertiges Kreuz verbrannt.

Sowohl in der Erzdiözese Freiburg als auch in den Diözesen Aachen, Münster, Köln, Speyer und Limburg kam es zu zahlreichen weiteren Kreuzschändungen.


(Quellen: Anonymous [wohl Msgr. Johann Neuhäusler]: The Persecution of the Catholic Church in the Third Reich)